Arbeiten wir zu wenig?

Warum die 50-Stunden-Woche kompletter Unsinn ist!

Welche Rolle spielt dabei die Mitarbeiterführung?

Derzeit wird sehr viel darüber diskutiert, ob wir Deutschen zu wenig arbeiten. Manche Politiker fordern, mehr Lust auf Überstunden zu machen, und glauben, so den Fachkräftemangel zu beseitigen. Doch zum einen haben Unternehmen mit hervorragender Mitarbeiterführung kaum Probleme, Arbeitskräfte zu finden und zu halten. Und zum anderen führt häufige Überbelastung durch Überstunden zu einer Erhöhung der Fehlerquote, der Zahl der Krankentage und der Fluktuation.
Ergo: Die Probleme wachsen, Produktivität und Leistungsgrad sinken.

Problematik der Überstunden

Der Fokus sollte daher auf einer Verbesserung der Mitarbeiterführung, das bedeutet einer gezielten Entwicklung der Führungsarbeit und attraktiver Rahmenbedingungen liegen. So werden sie ein attraktiver Arbeitgeber und ziehen Menschen an, die motiviert sind und weiterkommen wollen – eine echte Win-win-Situation.

Doch schauen wir uns zunächst die Fakten in puncto Arbeitszeit an: Im Jahr 2023 wurden 1,3 Milliarden Überstunden geleistet. Davon waren 775 Millionen Stunden laut Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) unbezahlt. Im Vergleich zum Jahr 2022 ist die Zahl der geleisteten Überstunden um rund 100 Millionen zurückgegangen. 

Dennoch wurde in Deutschland 2023 so viel gearbeitet wie seit langem nicht mehr. Wie eine im April veröffentlichte Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt, waren es insgesamt rund 55 Milliarden Stunden. Das ist der höchste Wert seit der Wiedervereinigung. „Das Gesamtarbeitsvolumen ist vor allem gestiegen, weil immer mehr Frauen erwerbstätig sind“, sagt Studienautor Mattis Beckmannshagen. „Allerdings ist fast die Hälfte der Frauen in Deutschland teilzeitbeschäftigt, obwohl einige gern mehr arbeiten würden.“ Das Potenzial von Frauen für den Arbeitsmarkt bleibt also teilweise ungenutzt. Und die hohe Teilzeitquote führt zu einer relativ geringen durchschnittlichen Arbeitszeit aller Beschäftigten von 34,7 Wochenstunden. 

Produktivität statt Arbeitszeit 

Die unüberhörbare Forderung, mehr und härter zu arbeiten, um den demografischen Wandel in den Griff zu bekommen, ist deshalb kompletter Unsinn. Mal ehrlich: Kommt es nicht viel mehr auf die Produktivität an, also auf das, was pro Stunde wirklich geleistet wird? Natürlich sind Menschen in diesem Punkt unterschiedlich, doch bei vielen sinkt die Effizienz nicht nur ab einer bestimmten Wochenarbeitszeit enorm. Die Produktivität hängt wesentlich davon ab, wie motiviert jemand ist, ob er das tut, was er gut kann, wie die Atmosphäre in seinem Unternehmen ist und ob er das, was er tut, gerne macht und sich einbringen kann. 

Um es auf den Punkt zu bringen: Wenn Sie als Unternehmer oder Führungskraft dafür sorgen, dass Mitarbeiter gerne bei Ihnen sind, sich engagieren, sich entwickeln können und systematisch gefördert und weitergebildet werden, haben Sie erstens keinen Mangel an Personal und zweitens brauchen Sie keine 50-Stunden-Woche. In meinem neuen Buch, „Fachkräftemangel haben die anderen“, das im Herbst 2024 erscheint, wird genau beschrieben, wie der Weg dorthin aussieht. Der Weg zur hervorragenden Mitarbeiterführung, zur Führungsexzellenz, die Sie zu einem Magneten unter den Arbeitgebern macht. 

Auswirkungen hervorragender Mitarbeiterführung

An dieser Stelle beschäftigen wir uns immer wieder damit, wie denn eine hervorragende Mitarbeiterführung, wie Führungsexzellenz im Detail aussieht. Vielleicht meinen Sie, es handle sich dabei lediglich um einen neuen Modebegriff. Das aber ist nicht der Fall. Zwar ist exzellente Führung an sich nicht messbar, wohl aber sind es ihre Auswirkungen. Die Zahl der Kündigungen in der Probezeit sinkt, die Fluktuation geht zurück, die Mitarbeiter melden sich weniger häufig krank, offene Stellen werden schneller wieder besetzt. Alles Dinge, die Ihnen klare Wettbewerbsvorteile bescheren. Sie heben sich von anderen Unternehmen ab, haben begeisterte Arbeitskräfte mit mehr Output. 

Know-how-Erhalt durch Mitarbeiterbindung 

Solche Arbeitnehmer strahlen ihr klares JA zu ihrem Betrieb und dessen Angeboten natürlich auch gegenüber Kunden und Geschäftspartnern aus. Sie sind eindeutig lösungsorientiert, oft sehr kreativ und innovativ. Außerdem, was häufig nicht genügend gewürdigt wird, verhindern Sie mit einer starken Mitarbeiterbindung den Verlust von wertvollem Know-how. Ihre Leute sind länger bei Ihnen, Sie können also länger ihre über die Jahre gesammelten Erfahrungen und aufgebauten Kompetenzen nutzen. Auch gehen in einem Unternehmen mit hervorragender Mitarbeiterführung, in Unternehmen mit Führungsexzellenz die älteren Mitarbeiter seltener in Frührente und arbeiten gerne über das Rentenalter hinaus mit reduzierter Arbeitszeit weiter. 

Ansprache vernachlässigter Mitarbeitergruppen 

All das hat Vorteile, deren Bedeutung sich kaum überschätzen lässt – und das zu jeder Zeit, aber vor allem jetzt, da immer weniger Menschen in Deutschland im arbeitsfähigen Alter sein werden. Sie werden als Unternehmen mit sehr guter Mitarbeiterführung auch leichter die Gruppen potenzieller Mitarbeiter ansprechen können, die bisher vernachlässigt werden. Dazu gehören ältere Menschen – auch diejenigen, die noch nicht bei Ihnen gearbeitet haben –, Frauen mit Kindern und ausländische Fachkräfte. Die einen müssen nicht mehr unbedingt erwerbstätig sein, möchten es aber vielleicht. Die anderen brauchen spezielle Angebote wie flexible Arbeitszeiten oder Unterstützung bei der Integration. 

Mitarbeiter gehen wegen ihrer Führungskraft, sie bleiben jedoch auch genau ihretwegen, häufig sogar trotz zahlreicher Alternativen. Sie wollen die  Transformation zur Führungsexzellenz angehen, Sie wollen die Mitarbeiterführung im Unternehmen stark verbessern? Dann schauen Sie sich zuallererst Ihre Führungskräfte an. Haben Sie für diese Positionen wirklich immer die richtigen Leute ausgewählt? Nicht jeder, der schon lange im Betrieb ist oder der mit überragendem Fachwissen glänzt, ist ein geborener Leader. Achten Sie darauf, wer gerne und klar kommuniziert, wer empathisch mit anderen umgeht, Geduld beweist, fair ist, zuhören kann – und einfach Spaß daran hat, ein Team zur vollen Ausschöpfung seines Potenzials zu bringen. 

Mitarbeiterführung

Entscheidende Handlungsfelder identifizieren 

Menschen mit solchen Eigenschaften sind häufig informelle Leader. Nicht selten beeinflussen sie die Leistung der Gruppe mehr als die eigentliche Führungskraft. Sie sind in der Regel sehr loyal, aber gleichzeitig alles andere als Befehlsempfänger. Sie fragen nach, sie trauen sich, ihre Meinung zu sagen, auch wenn die eine ganz andere ist als die ihres Vorgesetzten. Ihre Motivation ist in der Regel weit überdurchschnittlich. Herausforderungen werden gerne angenommen, Probleme selten als solche bezeichnet. Sie sind pünktlich, zuverlässig und beharrlich, begegnen anderen mit Respekt und Wertschätzung. Bringen Sie diese Menschen in Führungspositionen, haben Sie schon einmal eine gute Basis für eine gute Mitarbeiterführung im Unternehmen.

Zu der gehört natürlich auch, dass die Unternehmensspitze exzellente Führung vorlebt. Der Change-Prozess sollte zudem gemeinsam mit allen Führungskräften geplant werden, um aus Betroffenen Beteiligte zu machen. Überlegen Sie sich dabei, wo es bei Ihnen am meisten brennt. Soll heißen: Identifizieren Sie die Handlungsfelder, die Sie zuerst anpacken sollten. Sich parallel zu viel vorzunehmen, alles auf einmal machen zu wollen, lässt den Prozess in der Regel scheitern. 

Mögliche Bereiche sind etwa das Pre- und Onboarding, die Selbstführung und Organisation der Führungskräfte, das Thema stärkenorientierte Führung, die Erfüllung der Mitarbeiterbedürfnisse, die Rolle der Personalabteilung etc. Letztere hat meiner Erfahrung nach sehr oft Priorität, denn: Eine moderne HR begnügt sich nicht mir Gehaltsabrechnungen, der Erstellung von Arbeitsverträgen etc. Sie hat vielmehr u. a. wichtige Funktionen beim Recruiting, bei der Förderung der Unternehmenskultur, der Entwicklung der Führungskräfte sowie dem Aufdecken der Ursachen für Fluktuation und zu vieler Krankentage. Ihre HR kann und muss dazu fundierte Analysen liefern, um ihr Unternehmen auf dem Weg zur Führungsexzellenz zu entwickeln.