Willkommenskultur bindet Mitarbeiter

Wie perfektes Pre– und Onboarding umsetzbar ist 

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Erinnern Sie sich an Ihren ersten Tag in Ihrem Unternehmen? Vermutlich waren Sie da ein wenig unsicher. Vermutlich freuten Sie sich sehr darüber, wenn Ihre Kolleginnen und Kollegen Sie anfangs ein wenig an die Hand genommen haben. Wenn …  

Ich kenne sehr viele Beispiele, in denen es leider völlig anders läuft. Die Neuen kommen an den Arbeitsplatz – und oft ist überhaupt nichts vorbereitet. Ja, manchmal werden sie nicht einmal vom Vorgesetzten begrüßt. Die Kollegen wissen von nichts, man hat sie schlicht vergessen.  

Was denken Sie, wie sich die Neuen da fühlen? Logisch: 

  • sie empfinden sich als überflüssig. 
  • sie wissen nicht, was zu tun ist.  
  • Langeweile breitet sich aus. 
  • die Motivation sinkt auf einen Tiefpunkt. 
  • Manche überlegen, ob sie nicht sofort kündigen sollten. 

Ein solches Ankommen beziehungsweise eben Nicht-Ankommen im Betrieb ist eine Katastrophe. Es ist vor allem in diesen Zeiten, in denen überall Fachkräfte fehlen, eine Katastrophe. Alarmismus? Nein! Laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags finden mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen keine neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mehr als jedes zweite Unternehmen! Klar, dass in dieser Situation häufig neue Projekte nicht realisiert werden können, die bestehenden Kollegen überlastet sind, der Umsatz zurückgeht. Immer häufiger ist sogar das Überleben einzelner Betriebe oder ganzer Branchen gefährdet ist. 

In beinah jedem Unternehmen, dass ich als Neukunden berate, sind Pläne fürs Onboarding beziehungsweise die Einarbeitung vorhanden. Sie werden allerdings nie oder so gut wie nie genutzt. So habe ich im vergangenen Jahr einen großen Produktionsbetrieb gewonnen, dessen Personalleiter mir im Erstgespräch erzählte, er würde keine neuen Mitarbeiter mehr finden. Zwar hätten sie in den vergangenen sechs Monaten fast 50 Neue eingestellt, davon seien jedoch bereits 45 wieder weg. Er regte sich wahnsinnig darüber auf, wie viel Arbeit ihm das jedes Mal machen würde. Auf die Frage nach den Gründen antwortete er: „Die haben alle keine Lust und die Arbeit ist ihnen zu anstrengend.“ 

Bei meiner Arbeit mit den Führungskräften stellte sich dann heraus, dass vorhandene Einarbeitungspläne nicht genutzt wurden, Zuständigkeiten für die Einarbeitung nicht klar waren, die neuen Mitarbeiter schlecht auf die Aufgaben vorbereitet und viel zu schnell in die Produktion „geworfen“ wurden. Auf den Neuen lastete so eine viel zu große Verantwortung, sie waren überfordert und häufig auf sich alleine gestellt. Das waren die wahren Ursachen dafür, dass viele von ihnen den Betrieb innerhalb kürzester Zeit wieder verließen. 

Ich empfehle für solche Fälle, dass Personal- und Fachabteilung in einen intensiven Dialog gehen, nach Ursachen forschen und die Probleme gemeinsam lösen. Bei meinem Kunden ist uns genau das gelungen – und zwar mit folgenden, vielfältigen Maßnahmen: 

  • Die Anforderungen an neue Mitarbeiter wurden gemeinsam definiert 
  • Einstellungsgespräche werden nun gemeinsam mit den zukünftigen Vorgesetzten geführt 
  • Ein klarer Einarbeitungsplan mit Zuständigkeiten wurde entwickelt 
  • Neue Mitarbeiter werden erst nach klar definierten Qualifikationen in der Praxis eingesetzt 
  • Die Umsetzung der Einarbeitungspläne wurde gemeinsam erprobt und optimiert 

So wurden zwar in Summe weniger Neue eingestellt, die jedoch seitdem in den meisten Fällen über die Probezeit hinaus im Unternehmen geblieben sind. 

Natürlich gibt es weiterhin Menschen, die Arbeit suchen. Was also ist das Problem beim Matching? Meiner Erfahrung nach hakt es, wie Sie aus diesem Beispiel sehen können, beim Pre- und Onboarding. Nicht nur dort natürlich, aber diese Prozesse sind so was wie ein Nadelöhr. Schließlich müssen neue Leute dazu bewegt werden, sich zu bewerben, zum Vorstellungsgespräch zu kommen, nach einer Zusage des Arbeitgebers auch tatsächlich am Arbeitsplatz zu erscheinen – und zu bleiben, statt in der Probezeit schon wieder zu gehen. Und das tun mehr, als Sie vielleicht denken. Laut der Haufe Group ist es etwa 36 Prozent der Unternehmen in Deutschland bereits passiert, dass der neue Arbeitnehmer den Job überhaupt nicht antritt. Etwa 18 Prozent denken am ersten Tag schon an Kündigung und 15 Prozent aller neuen Arbeitnehmer gehen in den ersten 100 Tagen. 

Um das zu verhindern, braucht es echte Beziehungsarbeit. Ja, Sie haben richtig gelesen. Sie müssen sich wirklich um die Menschen bemühen, die bei Ihnen arbeiten sollen. Sie müssen ihre Bedürfnisse ernst nehmen und erfüllen – eben so wie auch die des Partners beziehungsweise der Partnerin. Das betrifft jeden Arbeitstag, doch es beginnt beim Pre- und Onboarding. Hier geben Sie Ihre erste Visitenkarte ab – und die sollte so attraktiv sein wie möglich. 

Nehmen wir das Preboarding. Was ist dabei zu beachten? 

  • Schalten Sie dort Anzeigen, wo Ihre Zielgruppe diese wahrnimmt. 
  • Stellen Sie Ihren Betrieb dar, statt nur etwas von den Bewerbern zu fordern. 
  • Seien Sie authentisch, also entwerfen Sie kein unrealistisches Bild wie aus einer Hochglanzbroschüre. 
  • Halten Sie nach der Vertragsunterschrift den Kontakt zu den Neuen. 
  • Vergeben Sie frühzeitig eine Firmen-E-Mail-Adresse. Besorgen Sie die notwendigen Passwörter, die Ausstattung und das Arbeitsplatz-Equipment für die neuen Mitarbeiter. 
  • Senden Sie regelmäßig aktuelle Informationen zum Unternehmen, insbesondere, wenn der erste Arbeitstag noch länger in der Zukunft liegt. 
  • Unterstützen Sie bei der Such nach einer Wohnung oder einem Kindergartenplatz für den Nachwuchs. 
  • Schicken Sie, sofern vorhanden, Lernprogramme, mit denen die Neuen Wissenslücken schließen können. 
  • Erläutern Sie das Organigramm Ihres Unternehmens und machen Sie klar, wer für was der richtige Ansprechpartner ist. 
  • Sorgen Sie für einen optimal eingerichteten Arbeitsplatz, die Konfiguration des Betriebshandys etc. 
  • Wertschätzend wirkt ein Blumenstrauß oder ein kleines Präsent auf dem Schreibtisch am ersten Arbeitstag. 

 Eine solche Willkommenskultur wirkt wahre Wunder. Und genauso sollte es weitergehen beim Onboarding: 

  •  Machen Sie einen strukturierten Plan für die Einarbeitung – und setzen Sie den konsequent um. 
  • Legen Sie fest, welche Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Neuen welches Wissen vermitteln. 
  • Fixieren Sie all das in einem Zeitplan für die ersten Wochen sowie Monate. 
  • Beginnen Sie sofort mit regelmäßigen Feedback-Gesprächen – und heben Sie dabei stets die positive Entwicklung hervor. Fragen Sie, was dem Neuen fehlt oder Sie besser machen können und vor allem wie er sich fühlt! 

So begrüßte und abgeholte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden bleiben – und mit vollem Engagement bei der Sache sein.