Mental stärkende Führung
Mittelstandsberater Michael Hampel sagt, was Manager und Führungskräfte aus dem Leistungssport lernen können
Herr Hampel, was ist mentale Stärke eigentlich?
Michael Hampel: Sind Menschen mental stark, haben sie vor allem dann Zugriff auf ihr Wissen und ihre Fähigkeiten, wenn es darauf ankommt! Das gilt unter Stress genauso wie in Situationen, in denen sich die Rahmenbedingungen plötzlich und unerwartet ändern. Diese Fähigkeit ist in Zeiten des Wandels enorm wichtig.
Das hört sich nach immer mehr Leistung an. Wie passt das in unsere Zeit, in der wir von zunehmendem Druck und Burnout sprechen?
Erholung ist in der Tat ein elementarer Bereich von mentaler Stärke, denn in der Erholungsphase schöpfen wir neue Kraft und Energie. Viele Leistungssportler, die sich nicht entwickeln, sind übertrainiert und zu wenig erholt. Ausreichend Schlaf ist für Menschen, die viel Leistung bringen wollen und müssen, einer der wichtigsten Bereiche.
Das bedeutet: je anspruchsvoller die Tätigkeit, umso wichtiger der mentale Bereich?
Genauso ist es! Über 80 Prozent der Manager sind der Überzeugung, dass der mentale Bereich mehr als 50 Prozent ihrer Leistung ausmacht. Mit mentaler Stärke können Menschen in Stresssituationen die Ruhe bewahren und überlegt handeln.
Welche Möglichkeiten gibt es in diesem Bereich?
Kurze Pausen sind für das Gehirn und den Körper zwischendurch wichtig. So kann man mit einer Atemübung, zum Beispiel beim Gang zum Büro oder in der Pause, bereits zum Stressabbau beitragen. Mindestens genauso wichtig ist regelmäßiges Lächeln und Lachen.
Ist es auch eine Aufgabe der Führungskräfte, auf ihre Mitarbeiter zu achten, um Überlastungen zu vermeiden? Was können Vorgesetzte tun, um ihre Belegschaft mental zu stärken?
Chefs können im Arbeitsalltag enorm viel für die mentale Stärke tun. Greifen wir einmal den Bereich der Kommunikation heraus: Ein Vorgesetzter, der dauernd nörgelt und kritisiert, schwächt seine Mitarbeiter, macht sie weniger selbstbewusst bis dahin, dass der damit verbundene psychische Druck zu dauerhaften Krankheiten führen kann. Im Leistungssport setzt der Mentaltrainer bewusst den Fokus nach dem Training auf die „5 best practice“, also die 5 Dinge, die am besten funktioniert haben. Die Führungskraft sollte also den Fokus im Feedback auf Erfolge und die gut funktionierenden Dinge lenken. Dazu gehört auch regelmäßiges, ehrliches Lob. Denn das führt zu mehr Selbstbewusstsein und macht, verbunden mit einem konstruktiven und positiven Feedback, dem Mitarbeiter auch seine Stärke bewusst.
Welche positiven Folgen hat die mental stärkende Führung noch?
Es ist eine klassische Win-Win-Situation. Die Mitarbeiter bleiben gesünder und leistungsfähiger, sind motivierter und fühlen sich mit dem Unternehmen viel mehr verbunden, wenn eine positive Grundstimmung und ein offenes, stärkenorientiertes Miteinander permanent auf allen Ebenen gefördert wird. Für die Führungskräfte wird es ebenfalls leichter, ihre Führungsaufgaben wahrzunehmen, denn mental stärkende Führung fängt zunächst beim Chef und im Management selbst an und verbreitet sich durch ein Bewusstmachen der positiven Folgen im gesamten Unternehmen.